
Aussagepsychologischer Forschungsbereich
In der Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Volbert werden aussagepsychologische Fragestellungen untersucht. In Abschlussarbeiten beschäftigen sich Studierende im Master Psychologie bzw. Doktorandinnen und Doktoranden mit verschiedenen aussagepsychologischen Fragestellungen, zum Beispiel:
- Einfluss von Alkohol auf die Aussagefähigkeit
- falsche Geständnisse
- interkulturelle Glaubhaftigkeitsattribution
Sie befinden sich hier:
Falsche Geständnisse
Obwohl es unplausibel erscheint, dass Menschen falsch gestehen, gibt es nachweislich falsche Geständnisse. In einer amerikanischen Analyse von Fällen von Gewalt- und Sexualdelikten, in denen durch nachträgliche DNA-Analysen die Unschuld eines bereits Verurteilten festgestellt wurde, lagen in etwa einem Viertel dieser Fälle falsche Geständnisse vor (Drizen & Leo, 2004). In einer Analyse von Wiederaufnahmeverfahren in Deutschland aus den 50er und 60er Jahren betrug der Anteil von Falschgeständnissen bei den mehr als 1000 Wiederaufnahmeverfahren knapp 7 Prozent.
Eine Untersuchungen des Instituts für Forensische Psychiatrie beschäftigt sich mit dem Geständnisverhalten von Maßregelvollzugspatienten. Um das Geständnisverhalten in der genannten Risikogruppe psychisch erkrankter und minderbegabter Personen näher zu beleuchten, wurde eine Untersuchung mit Maßregelvollzugspatienten durchgeführt. Diese wurden befragt, wie sie sich in der Vergangenheit in polizeilichen Beschuldigtenvernehmungen verhalten haben, was sie zu zutreffenden Geständnissen motiviert hat, ob es zu falschen Geständnisses gekommen ist, was die Beweggründe für falsche Geständnisse gewesen sind und ob sie im Laufe des Verfahrens (wahre oder falsche) Geständnisse zurückgezogen haben.
Des Weiteren werden die Entstehungsbedingungen von falschen Geständnissen untersucht. Die Risiken für falsche Geständnisse variieren von Land zu Land. Beispielsweise ist die Präsentation falscher Beweise, die nach vorliegenden empirischen Erkenntnissen die Gefahr falscher Geständnisse erhöht, in amerikanischen Vernehmungen erlaubt, in deutschen Vernehmungen ist dagegen jede Form von Täuschung verboten. Um spezifische Risikofaktoren in deutschen Verfahren zu identifizieren sollen deutsche Fälle nachgewiesener Falschgeständnisse im Hinblick auf die spezifischen verursachenden Faktoren analysiert werden.
Einfluss von Alkohol auf die Aussagefähigkeit
Zeugenaussagen von alkoholisierten Personen werden verglichen mit den Aussagen nüchterner Zeuginnen und Zeugen als besonders fehleranfällig eingeschätzt. Der Untersuchung der Einschränkungen dieser Gruppe wurde bislang jedoch nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt, gleichwohl Alkohol bei einer Vielzahl von Delikten eine nicht unbedeutende Rolle spielt, z.B. bei Sexualdelikten. Besonders hohe Anforderungen werden an Zeugen beim Vorliegen suggestiver Befragungsumstände gestellt. Sie stehen im Fokus dieser Forschungsarbeit. Das Ziel dieser Studie ist es zu untersuchen, welchen Einfluss Alkohol auf die Erinnerungsfähigkeit von Zeuginnen und Zeugen hat. Es wird der Frage nachgegangen, ob eine alkoholisierte Person einer nüchternen Person vergleichbar in der Lage ist, den besonderen Anforderungen einer suggestiven Befragung standzuhalten oder ob weniger Fehler gemacht werden, wenn die zunächst alkoholisierte Person zu einem späteren Zeitpunkt in nüchternem Zustand befragt wird.
Interkulturelle Glaubhaftigkeitsattributionen
Interkulturelle Glaubhaftigkeitsattributionen spielen in vielen rechtlichen Kontexten eine Rolle und können weit reichende Konsequenzen haben. Glaubhaftigkeitsattributionen sind schon innerhalb einer Kultur sehr fehlerbehaftet, interkulturelle Zuschreibungsprozesse können aber noch mit zusätzlichen Problemen verbunden sein. Eine wesentliche Schwierigkeit in der interkulturellen Kommunikation stellt bereits die sprachliche Verständigung dar. Selbst bei Menschen, die bereits längere Zeit im Aufnahmeland leben und sich in der dortigen Sprache verständigen können, kann nicht automatisch vorausgesetzt werden, dass ihre sprachlichen Kenntnisse zum differenzierten Ausdruck eigener Befindlichkeiten und Erfahrungen ausreichen. Durch den Einsatz eines Dolmetschers kann dieses Problem nicht ohne weiteres beseitigt werden, denn Kommunikationsregeln werden innerhalb einer kulturellen Gruppe sozial vermittelt.
Zur Prüfung von kulturellen Einflüssen bei der Glaubhaftigkeitsattribution werden im Rahmen einer Simulationsstudie wahre und erfundene Aussagen unter verschiedenen interkulturellen Bedingungen erhoben und für die Untersuchung folgender Fragestellungen verwendet:
- interkulturelle Glaubhaftigkeitsattribution durch Laien
- Bedeutung der Übersetzung für die Einschätzung des Wahrheitsstatus einer Aussage
- Bedeutung kulturspezifischer Effekte auf die inhaltliche Qualität wahrer und erfundener Aussagen
Forschungsbereichsleiterin
Professorin für Rechtspsychologie (Psychologische Hochschule Berlin)
